Von Britta Fengler
D e l m e n h o r s t. Der Hinweis, die Ecken sauber
auszunutzen, klingt zwar noch in den Ohren, aber bei den Teilnehmern hapert
es schlichtweg noch ein wenig an der Umsetzung: Kein Wunder, schließlich
sind fast alle von ihnen Anfänger. Sie wollen tanzen lernen – eigentlich
nichts Außergewöhnliches, wenn da nicht gehende und sitzende
Teilnehmer wären.
Die
Gehenden, das sind die „Fußgänger", und die Sitzenden, das sind
die Rollstuhlfahrer. Sie haben sich zusammengefunden, um gemeinsam das
Parkett zu erobern. Bis es soweit ist, wird in der „Villa" an der Oldenburger
Straße in Delmenhorst einmal im Monat, jeweils sonntags, fleißig
geübt.
„Drei Grundschritte links, drei zum Wechseln und vier
Grundschritte rechts", erklärt Alexandra Hanke am ersten Trainingstag
die Schrittfolge des Langsamen Walzers. Mit ihrer im Rollstuhl sitzenden
Partnerin Sonja Lier zeigt die Fachübungsleiterin für Tanzsport,
Profilbildung und Rollstuhltanz auch, wie es denn perfekt aussieht. Konzentriert
schreiten die Teilnehmer anschließend zur Tat – und schon nach wenigen
Runden ist so mancher aus der Puste. Anstrengend, aber schön – dieses
Resümee ziehen fast alle am Ende der ersten Stunde ihres Tanzunterrichts.
Bereits am ersten Tag haben sie neben Grundschritten
auch verschiedene Drehungen gelernt. „Wenn ich in die Drehung will; muß
ich als Fußgänger immer vorwärts gehen", macht Alexandra
Hanke klar. „Ihr könnt auch mit den Armen schunkeln", rät sie.
Auf diese Feinheiten kann man nicht immer achten – denn so einfach, wie
es aussieht, ist es nicht.
Ein kurzer Selbstversuch als „Fußgänger" bringt
es ans Tageslicht: Konzentriert aufs Mitzählen der Schritte, mangelt
es diesen dann an der notwendigen Leichtigkeit – und das, obwohl mein vorübergehender
Partner im Rollstuhl intensiv mitarbeitet. Denn passiv verhalten kann sich
der Rolli-Fahrer beim Tanzen nicht: „Man muß schon aufeinander achten
und in der Hüfte ein bißchen mitgehen. Sonst wird es für
den Fußgänger zu anstrengend", erläutert Sonja Lier.
Die junge Frau und ihre Partnerin Alexandra Hanke sind
auf Einladung der Rollstuhlsportabteilung des Delmenhorster Turnvereins,
die diesen ersten öffentlichen Tanzkursus; veranstaltet, zu Gast,
in Delmenhorst. Nach Angaben von Wolfgang Barzynski ist es auch der einzige
im gesamten Bremer Umland, Barzynski ist auch der Initiator des Kurses:
Zum vergangenen Jahresende habe es viele Feierlichkeiten gegeben, und auch
er als Rolli-Fahrer hätte da gerne getanzt, erläutert er. Doch
unbeholfen wollte er nicht auf der Tanzfläche agieren, zumal „ja sowieso
alle gucken". Da kam er auf die Idee, einen solchen Kursus auf die Beine
beziehungsweise auf die Räder zu stellen, und unterbreitete in der
Rollstuhlsportabteilung und beim „Rolli-Treff" seinen Vorschlag. Mitstreiter
in den eigenen Reihen waren schnell gefunden, und auch Teilnehmer aus der
Umgebung meldeten sich für den ersten Kursus an. Für weitere
Neueinsteiger ist der Saal in der „Villa“ etwas eng (daher sucht die Gruppe
auch einen größeren, kostenlosen Raum). Außerdem bauen
die einstudierten Tanzschritte aufeinander auf. Wer sich dennoch informieren
möchte, kann Wolfgang Barzynski unter Telefon 0 42 21 / 2 02 90 erreichen.