Geschichte Lesumer Betriebe...
72 Jahre
Schuhhaus Ludwig
in der Louis-Seegelken-Straße 10
In der Zeit, als Lesum noch als Dorf angesehen
wurde und zu Preußen gehörte, entschloß sich der Schuhmachermeister
Hermann Ludwig seiner Werkstatt in der damaligen Grenzstraße 10 –
heute heißt sie Louis-Seegelken-Straße – ein Schuheinzelhandelsgeschäft
anzugliedern.
Das war im Jahre 1926, acht Jahre nach Ende des
1. Weltkrieges. Die Wunden dieser Völkerschlacht waren noch nicht
verheilt. Doch diese zusätzliche Geschäftseröffnung war
nur möglich, weil sich seine Frau Wilhelmine alleine um die Kundenbetreuung
kümmerte.
In der Werkstatt gab es viel Arbeit, so daß
der Schuhmacher Ludwig auf die Mithilfe seiner Frau angewiesen war. Es
war gewiß seiner Fachkenntnis und beider Energie und Geschick zu
verdanken, daß das Geschäft aus kleinen Anfängen heraus
von Jahr zu Jahr wuchs. Es wurde ausgebaut und modernisiert, fachlich beraten,
Schuhe wurden verkauft und Schuhe repariert.
In relativ kurzer Zeit hatte sich das Schuhhaus
Ludwig zu einem angesehenen Fachgeschäft entwickelt.
Den dörflichen Charakter des damaligen Ortes
Lesum kann man auch daran ablesen, daß Hermann Ludwig eine zusätzliche
Aufgabe als Fleischbeschauer übernahm. Seine Frau dagegen führte
das Schuhgeschäft unermüdlich durch die Wirren des 2. Weltkrieges
hindurch.
Der Fleischbeschauer war eine ausgebildete, staatlich
bestellte Person, die – wie in diesem Fall – bei Hausschlachtungen von
Schweinen deren Fleisch auf Trichinen zu untersuchen hatte.
Ganz besonders nach Ende des letzten Krieges i.
J. 1945 war die Versorgung der Bevölkerung mit Schuhen ein großes
Problem. Wilhelmine Ludwig, als „Tante Minna“ weit über Lesum hinaus
bekannt, fuhr mit dem Fahrrad nach Bremen um von den Schuhgroßhändlern
Ware abzuholen. Und wenn Geld und gute Worte nicht reichten, dann versuchte
sie erfolgreich durch einen deftigen Witz ihre Einkaufswünsche zu
befriedigen. Daran hat sie sich später gern und mit einem gewissen
Stirnrunzeln erinnert.
Die Werkstatt und der Verkauf florierten, doch
das änderte sich, als der Firmenchef 1958 verstarb.
Zunächst führte Wilhelmine Ludwig das
vornehmlich von ihr aufgebaute Ladengeschäft weiter. Da die beiden
eigenen Kinder in der Zwischenzeit verstorben waren, übernahm die
Nichte, Marion Buckmann, geborene Bellmer, 1962 als neue Inhaberin das
gut eingeführte Schuhgeschäft.
Die Zeit erforderte modernes Handeln und so entstand
kurzfristig nach der Geschäftsübernahme ein Anbau, der die Probleme
der Lagerhaltung und den Wunsch nach zeitgemäßer Verkaufspraxis
löste.
Die neue Chefin erkannte recht schnell, daß
der mittelständische Einzelhandel nur mit einem starken Partner zukunftsorientiert
und kundengerecht arbeiten kann. Seit dem Jahre 1968 ist die Firma Mitglied
der Schuheinkaufsvereinigung GARANT.
1948
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1989
Fotos: R.Matzner
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Heute findet die Kundschaft ein gut sortiertes Angebot
in lederner Fußbekleidung in hoher Qualität vor, sowohl für
Erwachsene aber in Besonderheit für Kinder. Diese werden nach wissenschaftlichen
Erkenntnissen nach dem „Weiten-Maß-System“ beschuht.
Lange Zeit hat „Tante Minna“ die positive Geschäftsentwicklung
von den Anfängen bis zu ihren letzten Tagen im März 1981 mit
großem Interesse begleitet. Wie gerne hat sie als Seniorchefin im
Laden mit alten Bekannten „Fachgespräche“ geführt. Doch das ist
nun Vergangenheit.
Am 1. Oktober 1976 konnte das Schuhhaus Ludwig
unter der Leitung von Marion Buckmann das 50jährige Bestehen feiern.
Somit ist dieses Geschäft nun 72 Jahre alt und immer noch am alten
Platz. – Bleibt noch anzumerken, daß besonders am Wochenende sich
groß und klein beim Schuhkauf, aber auch zum begleitenden „Klönschnack“
im Schuhhaus Ludwig treffen, eine echte Begegnungsstätte für
Niedersachsen und Bremer.
Womit Hermann Ludwig begann – nämlich der Schuhreparatur
–, das ist auch heute noch ein Geschäftsangebot, allerdings nicht
in hauseigener Werkstatt.
Wir wünschen dem alteingesessenen Schuhhaus
Ludwig eine gute Zukunft. Unser Dank gilt der Inhaberin Marion Buckmann
für die freundlich übermittelten Informationen. ?
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Mit Marion Buckmann sprach
RUDOLF MATZNER/LESUMER BOTE
15.12.1998