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Die Platane in Knoops Park
Auf den Spuren von Marga Berck

 ... und es gibt sie noch, die Platane in Knoops Park, von der Marga Berck, mit bürgerlichem Namen Magdalene Pauli, geborene Melchers, in ihrem Briefroman „Sommer in Lesmona“ berichtet.

 Wie sehr hat dieses Buch und der gleichnamige Fernsehfilm die Leser und Zuschauer gefesselt und in die Gedankenwelt der Zeit um die Jahrhundertwende entführt.
 
 „In Wahrheit ein Kunstwerk des Lebens“ wie es in dem Nachwort der literarischen Fassung heißt und als kulturgeschichtliches Dokument einer großbürgerlichen Bremer Kaufmannsfamilie verstanden werden kann.

 Auf Spurensuche in Knoops Park, in unserem nordbremischen Stadtteil St. Magnus, finden wir nicht nur das im Mittelpunkt des Romans stehende Haus „Lesmona“, sondern auch wie eingangs erwähnt, die Platane am Hochufer der Lesum.
 Hierüber berichtet Matti, so der Kosename der Magdalene, ihrer in Bremen lebenden Cousine. „Liebe, liebste Bertha“, geborene Schellhaß, in ihren Briefen von den verschwiegenen Treffen mit ihrem englischen Cousin Percy. Sie schrieb: ... „Er wartete vor der Platane, machte die Arme breit und ich flog hinein.“ ...
 Und weiter heißt es in einem Brief aus Lesmona vom Juni 1894 an ihre Herzensfreundin:

 ... „Liebe Bertha, Du weißt doch noch, wo Nizza ist? Du warst ja so lange nicht hier! Es sind die drei Bänke auf halber Höhe des Hügels, die in einem Halbkreis stehen, davor die Platane und der himmlische Blick auf die Lesum. Großmama sagte immer, hier wäre man vor Wind und Menschen geschützt, und deshalb nannte sie
den Platz Nizza.

 Diese lauschige Ecke am Lesumhang, wo sich Matti und Percy häufig trafen bei der Bank in der Nähe der Platane, gibt es heute noch. Hinter dem Haus „Lesmona“ unterhalb des Rasens führt ein schmaler Weg und wenige Stufen den Hang hinunter in greifbarer Entfernung zur Lesum. Die Platane ist größer geworden und ihre Zweige und Blätter breiten sich schützend über den Weg und wie so viele Bäume, hütet sie ihr Geheimnis. Doch auch Bäume haben ein Gesicht und wenn sie reden könnten, würden wir sie nicht verstehen.

 Bleiben wir noch einmal bei Marga Berck und ihren Briefen, in denen „unsere Platane“ eine Rolle spielte.
 Mit Datum vom 8. Juni 1894 berichtet sie unter anderem an ihre Cousine Bertha von einem Spaziergang mit Percy auf dem Rückweg von der Lesum:

 „ ... als wir zurückkamen und an den kleinen Weg, der nach „Nizza“ hinaufführte, sagte er (Percy): „Schade, da wartet nun unsere Bank und die Platane auf unseren Gutenachtkuß. Und dann kam unser Gutenachtkuß in „Nizza“, und die Platane weiß alles.“ ...

 Die authentischen Briefe der Magdalene Melchers wurden von Peter Beauvais als sechsteilige Fernsehserie für die ARD verfilmt. Sowohl das Buch als auch der Film berichten davon, daß die Tochter aus einer Bremer Kaufmannsfamilie später den Kunsthistoriker Gustav Pauli geheiratet hat.

 Der Bielefelder Literaturhistoriker Bernd Seiler hat sich auf vielen Reisen auf eine intensive Spurensuche gemacht und in seinem Buch „Es begann in Lesmona“ interessante Ergebnisse an die Öffentlichkeit gebracht. – Auch die Frage, was ist aus Percy geworden, wird von Bernd Seiler beantwortet. Nach verschiedenen Liebschaften und beruflichen Mißerfolgen hat sich Percy, mit bürgerlichem Namen
Gustav Rösing, 38jährig in Los Angeles erschossen.

 Waren es wirklich die Zeitumstände und Tradition, daß Matti ihren Percy nicht hat heiraten können? Diese Frage ist nie restlos und abschließend geklärt worden, obwohl man weiß, daß es auch nach der Eheschließung mit Gustav Pauli zwischen Matti und ihrem englischen Cousin in Hamburg zu einer Begegnung kam.

 Doch „unsere Platane“ hat die Zeit überlebt, trotz des verheerenden Sturmes am 14. Juli 1985, bei dem rund 90 Bäume in Knoops Park zerstört wurden. Die Schadensbeseitigung und Neupflanzung hat etwa 50.000 Mark gekostet. Damit besitzen wir eine der schönsten Parkanlagen Norddeutschlands.
   Ursprünglich war der Sommersitz des Bremer Kaufmanns Hermann Melchers, Onkel der Magdalene Melchers, durch eine sichtbare Abgrenzung vom Anwesen des Baron Ludwig Knoop getrennt. Erst in unserer Zeit wurden beide Anlagen zu einem 50 ha großen Park vereinigt.

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 Unser Dank gilt dem  „Förderverein Knoops Park e. V.", der sich unermüdlich für die Erhaltung dieser schönen Gartenanlage einsetzt.                                              ?
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                                                                                                                                                        RUDOLF MATZNER/LESUMER BOTE
15.09.1998