Abgesehen von den alljährlich erscheinenden
Postkartenkalendern des Heimatvereins Lesum ist unsere Region sehr arm
an Ansichtspostkarten. Das war früher offensichtlich anders. So sind
dem Redaktionsteam des LESUMER BOTEN Ansichtspostkarten übereignet
worden, die von Marßel bis St. Magnus heute schon fast vergessene
Häuser, Gaststätten und Straßenbilder zeigen. Bemerkenswerterweise
stammen sie aus der Zeit um die Jahrhundertwende – zum Teil bis in die
30er Jahre.
Der hier abgebildete „Gruß aus Lesum“ ist etwa hundert
Jahre alt und stammt von der ehemaligen Lesumer Steindruckerei Oese. Dieser
Betrieb befand sich dort, wo jetzt die Eichen-Apotheke in der Hindenburgstraße
47a steht. Die hier wiedergegebene Reproduktion eines Steindrucks hat Heinz
Gerdes vor etlichen Jahren für den Heimatverein Lesum besorgt. Aus
den über einhundert aufgefundenen Steindruckplatten war zu ersehen,
daß die Druckerei Oese sich vornehmlich mit Aufträgen beschäftigt
hat, die als Werbung für die Tabakindustrie vorgesehen war.
Die hier gezeigte Abbildung einer Ansichtspostkarte
läßt in der linken unteren Ecke die Turmseite der Lesumer Kirche
erkennen. Ursprünglich befand sich der Haupteingang durch die heutige
Turmkapelle. Der Turm selbst wurde im Jahre 1235 schon erwähnt, im
Jahre 1736 erhöht, so wie wir ihn heute noch vor uns sehen.
Die frühere Gaststätte „Deutsches Haus“
– hier in der Bildmitte – war auch Blickfang auf der Vorderseite einer
früheren Ausgabe des LESUMER BOTEn. Um die Jahrhundertwende gehörte
das Haus der Familie Meyer. Der letzte Besitzer war das Gastwirtsehepaar
Rainer und Ursula Eiser bis das Haus im Dezember 1968 abgerissen wurde.
Hierüber werden wir gesondert berichten, denn das Gasthaus „Ei, Ei“
– wie es im Volksmund hieß – hatte eine bewegte Geschichte, von der
die letzte Wirtin einiges zu berichten wußte.
Interessanterweise ist auf der Karte mit dem „Gruß
aus Lesum“ auch der Burger Bahnhof abgebildet. Als dieser Bahnhof im Jahre
1862 für die Eisenbahn nach Vegesack eröffnet wurde, gab es in
Lesum noch kein derartiges Gebäude, wohl aber gleichzeitig in St.
Magnus. Lesum bekam nach intensiven Bemühungen des damaligen Bürgermeisters,
Louis Seegelken, im Jahre 1905 eine sogenannte Haltestelle.
Eine weitere Lesumer Kuriosität, zumindest eine
Besonderheit – gesehen, fotografiert und veröffentlicht – das Emailschild
mit der Prägung „Königliche Preussische Gewerbeinspektion Lesum“.
Entdeckt wurde das hier abgebildete Schild in den Geschäftsräumen
der AOK in Vegesack an der Stelle einer Wand, die von der Öffentlichkeit
nicht sofort einsichtbar ist. Auf Nachfrage wurde von dem leitenden Herrn
des Hauses berichtet, daß ein Mitarbeiter dieses historisch für
unseren Heimatort so interessante Schild bei einem Trödelmarkt erworben
habe. Der Lesumer Ortsamtsleiter Klaus Dieter Kück zeigte sich ebenfalls
freudig überrascht, seine Nachforschungen jedoch haben ergeben, daß
die hiesigen Ratsprotokolle keinen Hinweis auf eine Gewerbeinspektion brachten.
Möglicherweise gibt uns das Staatsarchiv in Stade die gewünschte
Aufklärung, oder kennt ein älterer Bewohner unseres Ortsamtsbereiches
den geschichtlichen Hintergrund aus „Lesum königlich preussischer
Zeit“?
Immer auf der Suche nach interessanten Berichten,
würden wir uns freuen, wenn uns aus der Leserschaft alte Urkunden
oder Relikte aus vergangenen Tagen zugänglich gemacht werden. Vieles
liegt im Verborgenen und hätte verdient, durch einen Aufsatz im LESUMER
BOTEN und hier veröffentlicht zu werden. Was für die großen
Tageszeitungen wegen der engen „Lesumbezogenheit“ uninteressant erscheint,
darüber freut sich das Redaktionsteam Ihres LESUMER BOTEN.
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RUDOLF MATZNER/LESUMER BOTE
15.12.1998